Vertrag des Landes Rheinland-Pfalz mit den Evangelischen
Landeskirchen in Rheinland-Pfalz

 

Vom 31. März 1962 (GVBl. Rhld.-Pfl. S. 191)

 

Das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch den Ministerpräsidenten,

 

und die Vereinigte Protestantisch-Evangelisch-Christliche Kirche der Pfalz (Pfälzische Landeskirche), vertreten durch ihren Landeskirchenrat,

 

die Evangelische Kirche im Rheinland, vertreten durch ihre Kirchenleitung,

 

die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau, vertreten durch ihre Kirchenleitung,

 

haben, geleitet von dem Wunsch, das freundschaftliche Verhältnis zwischen dem Land und den Kirchen zu festigen und zu fördern, ausgehend von der Tatsache, daß die Verträge des Bayerischen Staates mit der Pfälzischen Landeskirche vom 15. November 1924 und des Freistaates Preußen mit den Evangelischen Landeskirchen vom 11. Mai 1931 nebst dem dazugehörenden Schlußprotokoll unbestritten in Geltung stehen, und in Anerkennung der Eigenständigkeit der Kirchen und ihres Öffentlichkeitsauftrages beschlossen, diese Verträge im Sinne ungehinderter Entfaltung kirchlichen Lebens und seiner Freiheit von jeder Bevormundung fortzubilden und zur einheitlichen Gestaltung des Verhältnisses von Staat und Kirche wie folgt zu fassen:

 
Artikel 1
 

Das Land Rheinland-Pfalz gewährt der Freiheit, den evangelischen Glauben öffentlich zu bekennen und auszuüben, den gesetzlichen Schutz.

 
Artikel 2

 

(1) Die Kirchen ordnen und verwalten ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes.

 

(2) Sie haben das Recht, ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinden zu verleihen oder zu entziehen.

 

(3) Die Kirchen, die Kirchengemeinden und die aus ihnen gebildeten Verbände sind Körperschaften des öffentlichen Rechts; kirchlicher Dienst ist öffentlicher Dienst.

 
Artikel 3
 

Die Landesregierung und die Kirchenleitungen werden zur Pflege ihrer Beziehungen regelmäßige Begegnungen anstreben, die sich vor der Regelung von Angelegenheiten, die die beiderseitigen Interessen berühren, miteinander ins Benehmen setzen und sich jederzeit zur Erörterung solcher Fragen zur Verfügung stellen.

 

Artikel 4

 

(1) Kirchliche Gesetze, Verordnungen und Satzungen, welche die vermögensrechtliche Vertretung der Kirchen, ihrer öffentlich-rechtlichen Verbände, Anstalten und Stiftungen betreffen, werden dem Minister für Unterricht und Kultus vorgelegt.

 

(2) Der Minister für Unterricht und Kultus kann Einspruch erheben, wenn eine geordnete vermögensrechtliche Vertretung nicht gewährleistet ist.

 

(3) Der Einspruch ist innerhalb eines Monats vom Tage der Vorlegung an zulässig. Über den Einspruch entscheidet auf Antrag der Kirche ein Schiedsgericht.

 
Artikel 5

 

(1) Die Kirchen werden Beschlüsse über die Bildung und Veränderung ihrer Kirchengemeinden und der aus ihnen gebildeten Verbände spätestens mit Ausfertigung und Organisationsurkunde dem Minister für Unterricht und Kultus mitteilen.

 

(2) Bei der Bildung kirchlicher Anstalten und Stiftungen mit eigener Rechtspersönlichkeit wirken Kirche und Staat nach Richtlinien zusammen, die von den Vertragschließenden vereinbart werden.

 
Artikel 6
 

(1) Das Land zahlt an die Kirchen ab 1. Januar 1962 als Dotation für kirchenregimentliche Zwecke, als Zuschüsse für Zwecke der Pfarrbesoldung und -versorgung sowie als katastermäßige Zuschüsse einen Gesamtbetrag von jährlich 10 716 000 DM – zehnmillionen­sieben­hundertsechzehntausend Deutsche Mark – (Staatsleistung an die Evangelischen Kirchen). Die Staatsleistung ist den allgemeinen Veränderungen der Besoldung der Landesbeamten anzupassen.

 

(2) Von der Staatsleistung entfallen auf

 

die Pfälzische Landeskirche

4 757 300 DM,

die Evangelische Kirche im Rheinland

3 095 000 DM,

die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau

2 863 700 DM.

 

 

(3) Für eine Ablösung der Staatsleistung gemäß Artikel 140 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland in Verbindung mit Artikel 138 Abs. 1 der Deutschen Verfassung vom 11. August 1919 bleibt die bisherige Rechtslage maßgebend.

 
Artikel 7

 

(1) Das Land überträgt das Eigentum an staatlichen Gebäuden nebst Einrichtungsgegenständen und Grundstücken, die ausschließlich evangelischen ortskirchlichen Zwecken gewidmet sind, den Kirchen oder, wenn darüber Einverständnis zwischen Kirchen und Kirchengemeinden hergestellt ist, den Kirchengemeinden. Bei Vorliegen besonderer Umstände kann im Einzelfall etwas anderes vereinbart werden.

 

(2) Das Land überträgt das Eigentum an den Grundstücken Domplatz 4 und 5 in Speyer nebst den darauf stehenden Gebäuden an die Pfälzische Landeskirche.

 

(3) Die Eigentumsübertragungen nach Absatz 1 und 2 sowie die dazu erforderlichen Rechtsgeschäfte sind frei von Gebühren einschließlich der Beurkundungs- und Beglaubigungsgebühren; Grunderwerbsteuer und Vermessungsgebühren, die im Zusammenhang hiermit entstehen, werden nicht erhoben. Das gleiche gilt für die Weiterübertragung von den Kirchen an die Kirchengemeinden und die dazu erforderlichen Rechtsgeschäfte, wenn sie innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Vertrages vorgenommen werden.

 
Artikel 8

 

(1) Die Verpflichtungen des Landes zur baulichen Unterhaltung kirchlicher Gebäude sollen im Interesse einer Vereinfachung der kirchlichen und staatlichen Verwaltung abgelöst werden. Ausgenommen hiervon bleibt die Konstantinbasilika in Trier.

 

(2) Die Ablösung der fiskalischen Baulast wird durch Verträge des Landes mit den berechtigten Kirchengemeinden im Einvernehmen mit der zuständigen Kirchenleitung nach Richtlinien vollzogen, die zwischen Kirche und Staat vereinbart werden.

 

(3) Die Pfälzische Landeskirche übernimmt nach der Übertragung des Eigentums an den Grundstücken Domplatz 4 und 5 in Speyer (Artikel 7 Abs. 2) die bauliche Unterhaltung der damit verbundenen Gebäude. Das Land gewährt für die Übernahme eine Entschädigung, die zwischen dem Land und der Kirche vereinbart wird.

 
Artikel 9

 

(1) Den Kirchen, den Kirchengemeinden und den aus ihnen gebildeten Verbänden sowie den kirchlichen Anstalten, Einrichtungen, Stiftungen und Vereinen werden ihr Eigentum und andere Rechte an ihrem Vermögen im Umfang des Artikels 140 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland in Verbindung mit Artikel 138 Abs. 2 der Deutschen Verfassung vom 11. August 1919 gewährleistet.

 

(2) Die Landesbehörden werden bei der Anwendung enteignungsrechtlicher Vorschriften auf die kirchlichen Belange Rücksicht nehmen. Beabsichtigen die Kirchen, in Fällen der Enteignung oder der Veräußerung kirchlicher Grundstücke gleichwertige Ersatzgrundstücke zu erwerben, werden ihnen die Landesbehörden bei der Erteilung von Genehmigungen, die nach besonderen Bestimmungen des Grundstücksverkehrs vorgeschrieben sind, im Rahmen der geltenden gesetzlichen Bestimmungen entgegenkommen.

 
Artikel 10

 

(1) In das Amt des leitenden Geistlichen einer Kirche, dessen Besetzung nicht auf einer Wahl oder Berufung durch eine Synode beruht, wird niemand berufen werden, von dem nicht die zuständigen kirchlichen Stellen durch Anfrage bei der Landesregierung festgestellt haben, daß Bedenken politischer Art gegen ihn nicht bestehen. Wird das Amt auf Grund einer Wahl oder Berufung durch eine Synode besetzt, so zeigt die Kirche der Landesregierung die Vakanz an und teilt ihr später die Person des neuen Amtsträgers mit.

 

(2) Als Bedenken im Sinne des Absatzes 1 gelten nur staatspolitische, nicht dagegen kirchliche oder parteipolitische Bedenken. Bei etwaigen Meinungsverschiedenheiten hierüber (Artikel 29) wird die Landesregierung auf Wunsch die Tatsachen angeben, aus denen sie die Bedenken herleitet. Die Feststellung bestrittener Tatsachen wird auf Antrag einer von Staat und Kirche gemeinsam zu bestellenden Kommission übertragen, die zu Beweiserhebungen und Rechtshilfeersuchen nach den für die Verwaltungsgerichte geltenden Vorschriften befugt ist.

 
Artikel 11

 

(1) Die Kirchen werden einen Geistlichen als Vorsitzenden oder Mitglied einer Behörde der Kirchenleitung oder einer höheren kirchlichen Verwaltungsbehörde, ferner als Leiter oder Lehrer an einer der praktischen Vorbildung der Geistlichen gewidmeten Anstalt nur anstellen, wenn er

a)      Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland in der Fassung vom 23. Mai 1949 ist,

b)      ein zum Studium an einer deutschen Universität berechtigendes Reifezeugnis besitzt,

c)      ein mindestens dreijähriges theologisches Studium an einer deutschen staatlichen Hochschule zurückgelegt hat.

 

(2) Wird in einem solchen Amt ein Nichtgeistlicher angestellt, so wird die Vorschrift des Absatzes 1 Buchstabe a) angewandt.

 

(3) Bei staatlichem und kirchlichem Einverständnis kann von den in Absatz 1 und 2 genannten Erfordernissen abgesehen werden; insbesondere kann das Studium an anderen als den in Absatz 1 Buchstabe c) genannten Hochschulen anerkannt werden.

 

(4) Die Personalien der in Absatz 1 und 2 genannten Amtsträger werden dem Minister für Unterricht und Kultus mitgeteilt.

 
Artikel 12

 

Für die Anstellung als Pfarrer gelten die in Artikel 11 Abs. l Buchst. a) bis c) genannten Erfordernisse. Artikel 11 Abs. 3 findet Anwendung.

 
Artikel 13
 

(1) Im Verfahren vor den Kirchengemeinden und im förmlichen Disziplinarverfahren gegen Geistliche und Kirchenbeamte sind

a)                 die Kirchengerichte und die kirchlichen Disziplinarbehörden berechtigt, Zeugen und Sachverständige zu vereidigen.

b)                 die Amtsgerichte verpflichtet, Rechtshilfeersuchen stattzugeben.

 

(2) Dies gilt nicht für Verfahren wegen Verletzung der Lehrverpflichtung.

 
Artikel 14
 

(1) Die Evangelisch-Theologische Fakultät an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz bleibt als Stätte der theologischen Forschung und Lehre und für die wissenschaftliche Vorbildung der Pfarrer bestehen.

 

(2) Vor der Besetzung eines Lehrstuhles wird den Kirchen Gelegenheit zur Äußerung über die in der Vorschlagsliste enthaltenen Persönlichkeiten gegeben.

 
Artikel 15

 

(1) Das Land wird dafür sorgen, daß an der Johannes-Gutenberg-Universität, den Pädagogischen Hochschulen und an den sonstigen Ausbildungsstätten den Studierenden, die die Lehrbefähigung in evangelischer Religion anstreben, die wissenschaftliche Vorbildung geboten wird, die sie fachlich und methodisch zur Erteilung des Religionsunterrichtes befähigt.

 

(2) Bei der Anstellung der hauptamtlichen Professoren und Dozenten für evangelisch Theologie an den Pädagogischen Hochschulen und sonstigen Ausbildungsstätten wird den Kirchen Gelegenheit zur Äußerung gegeben.

 

(3) Der Wechsel von einer Pädagogischen Hochschule des Landes zu einer anderen gilt nicht als Anstellung im Sinne dieser Bestimmung.

 
Artikel 16

 

(1) Die Lehrbefähigung für den Religionsunterricht wird staatlicherseits erteilt.

 

(2) Zur Erteilung des Religionsunterrichts an den Schulen in Rheinland-Pfalz werden nur die Lehrer zugelassen, deren Bevollmächtigung durch die zuständige vertragschließende Kirche nachgewiesen wird.

 

(3) Mit dem Widerruf der Bevollmächtigung endet auch die Berechtigung, Religionsunterricht zu erteilen.

 

(4) Die Studien- und Prüfungsordnungen für das Fach evangelische Religion werden im Einvernehmen mit den Kirchen aufgestellt.

 

(5) Bei der Prüfung in dem Fach evangelische Religion kann ein Vertreter der zuständigen Landeskirche mitwirken; die Landeskirche ist einzuladen.

 
Artikel 17
 

Die Kirchen haben das Recht, Privatschulen einzurichten. Das Land wird diese Schulen nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften genehmigen, anerkennen und fördern.

 
Artikel 18
 

An allen Schulen in Rheinland-Pfalz wird im Benehmen mit den zuständigen kirchlichen Aufsichtsbehörden den Schülern ausreichend Gelegenheit zur Erfüllung ihrer kirchlichen Pflichten gegeben.

 
Artikel 19
 

Die allgemeinbildenden öffentlichen Schulen beruhen auf christlicher Grundlage. In Erziehung und Unterricht ist auf Empfindungen Andersdenkender Rücksicht zu nehmen.

 
Artikel 20
 

(1) Der Religionsunterricht ist ordentliches Lehrfach an allen Volks-, Berufs-, Berufsfach-, Berufsaufbau-, Mittel- und höheren Schulen.

 

(2) Die Kirchen haben das Recht, im Benehmen mit der staatlichen Aufsichtsbehörde in die Erteilung des Religionsunterrichtes Einsicht zu nehmen; die näheren Bestimmungen hierüber werden von den Kirchen mit dem Land vereinbart.

 

(3) Für Geistliche, die ein kirchliches Amt innehaben, gilt auf Grund ihres kirchlichen Amtes die staatliche Genehmigung zur Übernahme des evangelischen Religionsunterrichtes als erteilt. Für kirchlich ausgebildete Religionslehrer (Katecheten), denen ihre Kirche die Befähigung zur Erteilung von Religionsunterricht zuerkannt hat, wird die staatliche Genehmigung zur Übernahme des evangelischen Religionsunterrichtes in einem Verfahren erteilt, das zwischen den Kirchen und dem Land in einer besonderen Vereinbarung geregelt wird.

 

(4) Lehrpläne und Lehrbücher für den Religionsunterricht sind im Einvernehmen mit der zuständigen Kirche zu bestimmen.

 
Artikel 21
 

(1) In Krankenhäusern, Strafanstalten sowie sonstigen Anstalten und Einrichtungen des Landes werden die Kirchen zu seelsorgerischen Besuchen und kirchlichen Handlungen zugelassen. Wird in diesen Anstalten eine regelmäßige Seelsorge eingerichtet und werden hierfür Pfarrer hauptamtlich eingestellt, so wird der Pfarrer von dem Träger der Anstalt im Einvernehmen mit der Kirche oder von der Kirche im Einvernehmen mit dem Träger der Anstalt berufen.

 

(2) Bei Anstalten anderer Träger wird das Land dahin wirken, daß die Anstaltspfleglinge entsprechend seelsorgerisch betreut werden.

 

(3) Die vom Land bestellten Geistlichen unterstehen unbeschadet der Disziplinargewalt des Landes der geistlichen und disziplinären Aufsicht der zuständigen Kirche, soweit es sich um die Ausübung der durch die Ordination erworbenen Rechte handelt. Das Land wird einen Geistlichen, sobald er die durch die Ordination erworbenen Rechte verloren hat, zu pfarramtlichem Dienst in staatlichen Einrichtungen nicht mehr zulassen.

 
Artikel 22

 

(1) Die Kirchen und Kirchengemeinden sind berechtigt, auf Grund eigener Steuerordnungen Kirchensteuern einschließlich Kirchgeld zu erheben. Das Land gewährleistet die Erhebung der Kirchensteuern nach Maßgabe dieses Vertrages und des staatlichen Kirchensteuerrechts.

 

(2) Die Kirchensteuerordnungen und ihre Änderungen und Ergänzungen sowie die Beschlüsse über die Kirchensteuersätze bedürfen der staatlichen Anerkennung.

 

(3) Die Kirchen werden sich für die Bemessung der Kirchensteuern, die von den Finanzämtern veranlagt und erhoben werden, über einen einheitlichen Steuersatz verständigen.

 
Artikel 23

 

(1) Auf Antrag der Kirchen ist die Veranlagung und Erhebung der Kirchensteuern, die als Zuschlag zur Einkommensteuer (Lohnsteuer), zur Vermögenssteuer oder nach Maßgabe des Einkommens erhoben werden, den Finanzämtern zu übertragen. Soweit die Einkommensteuer durch Steuerabzug vom Arbeitslohn in rheinland-pfälzischen Betriebsstätten erhoben wird, sind die Arbeitgeber zu verpflichten, auch die Kirchensteuer nach den genehmigten Steuersätzen einzubehalten und abzuführen. Die Festlegung der Entschädigung für die Veranlagung und Erhebung der Kirchensteuern bleibt einer besonderen Vereinbarung der Vertragschließenden vorbehalten. Die Finanzämter erteilen den von den Kirchen benannten Stellen Auskunft über die ihnen zur Veranlagung und Erhebung übertragenen Kirchensteuern.

 

(2) Auf Antrag der Kirchen ist die Veranlagung und Erhebung der Kirchensteuern, die nach Maßgabe der Grundsteuermeßbeträge oder des Grundbesitzes erhoben werden, den Gemeinden zu übertragen. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend. In Fällen, in denen diese Kirchensteuern nach den Grundsteuermeßbeträgen bisher durch die Finanzämter veranlagt und erhoben werden, verbleibt es bei dem bisherigen Verfahren, soweit die Kirchenbehörden nichts anderes beantragen.

 

(3) Die Vollstreckung der Kirchensteuern ist auf Antrag der Kirchen den Finanzämtern bzw. den Gemeinden zu übertragen, die mit der Veranlagung und Erhebung der Kirchensteuern betraut sind. Kirchgeldbescheide, die den Voraussetzungen des Kirchensteuergesetzes entsprechen, können nach dem Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz vollstreckt werden; Vollstreckungshilfe wird gewährt.

 
Artikel 24
 

(1) Die Kirchen und Kirchengemeinden sind berechtigt, von ihren Angehörigen freiwillige Gaben zu sammeln.

 

(2) Jede Kirche kann alljährlich in ihrem Gebiet eine Haussammlung ohne besondere staatliche Ermächtigung veranstalten. Die Zeit der Sammlung wird im Benehmen mit dem Minister des Innern festgesetzt.

 
Artikel 25
 

Die Kirchen werden ihre denkmalwerten Gebäude nebst den dazugehörenden Grundstücken und sonstigen historisch bedeutsamen Gegenständen nach ihren Kräften erhalten und sachgemäß pflegen. Sie werden Veräußerungen oder Änderungen sowie die innere Ausgestaltung nur im Benehmen mit der staatlichen Denkmalpflege vornehmen. Sie werden dafür sorgen, daß die Kirchengemeinden und die der kirchlichen Aufsicht unterstehenden Verbände entsprechend verfahren.

 
Artikel 26
 

Auf Landesrecht beruhende Gebührenbefreiungen für das Land, auch soweit sie die Befreiung von Beurkundungs- und Beglaubigungsgebühren gewähren, gelten auch für die Kirchen, die Kirchengemeinden und ihre öffentlich-rechtlichen Verbände, Anstalten und Stiftungen.

 
Artikel 27
 

(1) Die im Eigentum der Kirchengemeinden stehenden Friedhöfe genießen den gleichen staatlichen Schutz wie die Kommunalfriedhöfe.

 

(2) Die Kirchengemeinden sind berechtigt, neue Friedhöfe anzulegen.

 

(3) Die Anlegung oder Veränderung der Benutzung von Begräbnisplätzen und Gebührenordnungen für ihre Benutzung bedürfen der Genehmigung der zuständigen staatlichen Behörde.

 

(4) Die Friedhofsgebühren werden auf Antrag im Verwaltungsvollstreckungsverfahren eingezogen. Das Land bestimmt die Vollstreckungsbehörde.

 
Artikel 28
 

Die landesrechtlichen Vorschriften über nicht mit Lasten verbundene Patronate werden, soweit sie staatliche Normen sind, aufgehoben. Dasselbe gilt für die mit Lasten verbundenen Patronate, sobald die Beteiligten sich über die Ablösung der Lasten geeinigt haben, die Ablösung auf Grund landesgesetzlicher Regelung stattfindet oder der Patron von den Lasten freigestellt wird.

 
Artikel 29
 

Die Vertragschließenden werden eine etwa in Zukunft zwischen ihnen entstehende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung einer Bestimmung dieses Vertrages auf freundschaftliche Weise beseitigen.

 
Artikel 30
 

Gleichzeitig mit dem Inkrafttreten dieses Vertrages treten entgegenstehende Bestimmungen außer Kraft, insbesondere das preußische Staatsgesetz betreffend die Kirchenverfassungen der Evangelischen Landeskirchen vom 8. April 1924 (GS. S. 221).

 
Artikel 31
 

(1) Dieser Vertrag soll ratifiziert werden; die Ratifikationsurkunden werden in Mainz ausgetauscht.

 

(2) Er tritt mit dem Tage des Austausches in Kraft.

 

 

Zu Urkund dessen ist der Vertrag in vierfacher Urschrift unterzeichnet worden.

 

Mainz, den 31. März 1962

 

Für das Land Rheinland-Pfalz, gez. Altmeier

 

Für die Vereinigte Protestantisch-Evangelisch-Christliche Kirche der Pfalz (Pfälzische
Landeskirche), gez. D. Hans Stempel

 

Für die Evangelische Kirche im Rheinland, gez. D. Dr. Beckmann und D. Schlingensiepen

 

Für die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau, gez. D. Niemöller

 

 

 

Schlußprotokoll

 

Bei der Unterzeichnung des am heutigen Tage geschlossenen Vertrages der Evangelischen Landeskirchen mit dem Lande Rheinland-Pfalz sind folgende übereinstimmende Erklärungen abgegeben worden, die zusammen mit dem Schriftwechsel zu Artikel 14 und Artikel 22 einen integrierenden Bestandteil des Vertrages bilden:

 

Zu Artikel 1

 

Die Vertragschließenden sind sich darüber einig, daß Artikel 1 im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte von Artikel 1 des Vertrages des Freistaates Preußen mit den Evangelischen Landeskirchen wie folgt zu verstehen ist:

 

Das Land gewährleistet den evangelischen Kirchen die Freiheit, den evangelischen Glauben öffentlich zu bekennen und auszuüben, und wird ihnen und ihren Angehörigen hierfür den gesetzlichen Schutz gewähren.

 
Zu Artikel 2 Absatz 3 letzter Halbsatz

 

In Auswirkung dieses Grundsatzes wird das Land dem Charakter des kirchlichen Dienstes als öffentlichem Dienst in seiner Gesetzgebung und Verwaltung Rechnung tragen.

 

Zu Artikel 4 Absatz 2
 

Es besteht Übereinstimmung darüber, daß die in Absatz 1 genannten Vorschriften erst in Kraft gesetzt werden, wenn die Einspruchsfrist abgelaufen, auf das Einspruchsrecht verzichtet, der Einspruch zurückgenommen oder vom Schiedsgericht für unbegründet erklärt worden ist. Ist eine Entscheidung des Schiedsgerichts binnen zwölf Monaten nach Erhebung des Einspruchs nicht ergangen, so sind die Kirchen nicht gehindert, die Vorschriften vorläufig in Kraft zu setzen.

 

Zu Artikel 4 Absatz 3
 

Das Schiedsgericht setzt sich aus je einem Vertreter der vom Einspruch betroffenen Kirche und der Landesregierung zusammen und wird von einem Vorsitzenden geleitet, der die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz besitzt. Der Vorsitzende wird von der Kirche und der Landesregierung von Fall zu Fall gemeinsam berufen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so wird dieser vom Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz bestellt.

 

Zu Artikel 6 Absatz 1
 

(1) Die Staatsleistung wird mit einem Zwölftel des jährlichen Betrages jeweils monatlich im voraus an die Kirchen gezahlt.

 

(2) Ein Verwendungsnachweis gemäß § 64 a Reichhaushaltsordnung wird nicht gefordert.

 

(3) Die Staatsleistung wird in dem Verhältnis erhöht oder vermindert, in dem sich die Besoldung eines Landesbeamten der Eingangsgruppe des höheren Dienstes (zur Zeit Besoldungsgruppe A 13) in Höhe von 16 032,- DM ab 1. Januar 1962 verändert. Bei diesem Betrag ist zugrunde gelegt das Mittel zwischen dem Anfangs- und Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe, der Ortszuschlag der Tarifklasse II, Ortsklasse B, für einen Beamten mit zwei zuschlagspflichtigen Kindern und der Kinderzuschlag für zwei zuschlagspflichtige Kinder im Alter vom vollendeten 6. bis zum vollendeten 14. Lebensjahr.

 
Zu Artikel 6 Absatz 3
 

Das Land wird eine Ablösung ohne Zustimmung der Kirchen nicht durchführen.

 

Zu Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe c)
 

(1) Nach Maßgabe der kirchlichen Ausbildungsvorschriften wird das theologische Studium an kirchlichen Hochschulen anerkannt. Derzeit sind dies die Hochschulen in Berlin, Bethel, Neuendettelsau und Wuppertal.

 

(2) Das an einer österreichischen staatlichen und an einer deutschsprachigen schweizerischen Universität zurückgelegte theologische Studium wird auf Wunsch der beteiligten Kirchen entsprechend den Grundsätzen, die für andere geisteswissenschaftliche Fächer gelten, als dem theologischen Studium an einer deutschen staatlichen Hochschule gleichberechtigt anerkannt.

 

(3) Die in Artikel 19 des Vertrages zwischen dem Bayerischen Staate und der Pfälzischen Landeskirche vorgesehene Möglichkeit, eine mit Erlaubnis dieser Kirche an außerdeutschen Fakultäten verbrachte Zeit auf das vorgeschriebene Studium anzurechnen, bleibt unberührt.

 
Zu Artikel 13 Absatz 1
 

Der den Eid Abnehmende muß die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz besitzen.

 
Zu Artikel 14 Absatz 1
 

(1) An der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz bestehen zur Zeit folgende Lehrstühle:

2 Ordinariate für Altes Testament,

2 Ordinariate für Neues Testament,

2 Ordinariate für Kirchen- und Dogmengeschichte,

2 Ordinariate für Systematische Theologie,

2 Ordinariate für Praktische Theologie,

1 Ordinariat für Religions- und Missionswissenschaft,

1 Ordinariat für Christliche Orientalistik .

Außerdem bestehen Lehraufträge für Kirchenrecht, Kirchenmusik und Territorialkirchengeschichte.

 

(2) Vor der Genehmigung weiterer Lehraufträge wird den Kirchen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

 
Zu Artikel 14 Absatz 2
 

(1) Die Besetzung der Lehrstühle der Evangelisch-Theologischen Fakultät erfolgt nach den allgemeinen landesrechtlichen Bestimmungen und der Universitätssatzung. Bevor die Fakultät die Vorschlagsliste an den Minister für Unterricht und Kultus weiterleitet, soll sie mit den Kirchen in Verbindung treten.

 

(2) Der Minister für Unterricht und Kultus holt vor jeder Anfrage die Stellungnahmen der Landeskirchen zu der Vorschlagsliste ein. Werden in bezug auf Lehre und Bekenntnis der Vorgeschlagenen Bedenken geltend gemacht, so werden die Kirchen diese in einem theologischen Gutachten begründen.

 
Zu Artikel 15 Absatz 2
 

(1) Lehraufträge für evangelische Theologie werden im Benehmen mit den Kirchen erteilt.

 

(2) An den Pädagogischen Hochschulen ist Gelegenheit zu kirchenmusikalischer Ausbildung zu geben.

 
Zu Artikel 20 Absatz 1

 

Als Berufsaufbauschulen im Sinne dieses Absatzes gelten nur Vollzeitschulen.

 
Zu Artikel 20 Absatz 3
 

Die Entziehung des staatlichen Unterrichtsauftrages im Einzelfall erfolgt im Benehmen mit der zuständigen kirchlichen Oberbehörde.

 
Zu Artikel 22 Absatz 2
 

(1) Das Anerkennungsverfahren richtet sich vorbehaltlich späterer anderweitiger Regelung nach den Vorschriften des Landesgesetzes über die Erhebung von Kirchensteuern im Lande Rheinland-Pfalz vom 19. Januar 1950 (GVBI. S. 12) und der Landesverordnung zur Durchführung des Landesgesetzes über die Erhebung von Kirchensteuern im Lande Rheinland-Pfalz vom 30. Januar 1950 (GVBI. S. 49) in ihrer jeweiligen Fassung.

 

(2) Die Anerkennung der Kirchensteuerordnungen und ihrer Änderungen und Ergänzungen kann nicht versagt werden, wenn sie den Bestimmungen dieses Vertrages, dem staatlichen Kirchensteuerrecht und den allgemeinen Besteuerungsgrundsätzen entsprechend sowie die Einheitlichkeit der Kirchensteuerordnungen der Kirchen nicht beeinträchtigen.

 

(3) Die Anerkennung der Beschlüsse über die Kirchensteuersätze kann nicht versagt werden, wenn die Höhe der Steuersätze dem von den Kirchen darzulegenden Bedarf entspricht und wenn die Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen im Rahmen der steuerlichen Gesamtbelastung nicht überfordert wird. Die Höhe der Steuersätze entspricht in der Regel dem von den Kirchen darzulegenden Bedarf, wenn der Steuersatz des Vorjahres nicht überschritten wird. Die Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen ist in der Regel nicht überfordert, wenn die Höhe der Steuersätze die der Mehrheit der Landeskirchen im Bundesgebiet nicht übersteigt.

 

(4) Hält das Land Rheinland-Pfalz einen Grund für die Versagung der Anerkennung für gegeben, so hat es vor seiner Entscheidung bei den beteiligten Kirchen Verhandlungen mit dem Ziele einer Verständigung zu führen.

 
Zu Artikel 23 Absatz 1 und 2
 

(1) Den Kirchen und Kirchengemeinden sind die Unterlagen, deren sie aus steuerlichen Gründen bedürfen, insbesondere die Angaben über die Konfessionszugehörigkeit, auf Anforderung von den zuständigen Landes- oder Gemeindebehörden mitzuteilen.

 

(2) Die Finanzämter erteilen den von den Kirchen benannten Stellen Auskunft über die Besteuerungsmerkmale ihrer Kirchenangehörigen und gewähren Einsicht in die Lohnsteuerkarten, soweit sie für die Heranziehung zu den Kirchensteuern bedeutsam ist. Das Steuergeheimnis ist zu wahren.

 

(3) Die Gemeindebehörden verfahren für ihre Steuern entsprechend.

 
Zu Artikel 29
 

Falls das Land in einer Vereinbarung der Katholischen Kirche über den vorliegenden Vertrag hinaus weitere oder andere Rechte oder Leistungen gewähren sollte, wird es den Inhalt dieses Vertrages einer Überprüfung unterziehen, so daß die Grundsätze der Parität gewahrt werden.

 

 

Mainz, den 31. März 1962

 

Für das Land Rheinland-Pfalz, gez. Altmeier

 

Für die Vereinigte Protestantisch-Evangelisch-Christliche Kirche der Pfalz (Pfälzische
Landeskirche), gez. D. Hans Stempel

 

Für die Evangelische Kirche im Rheinland, gez. D. Dr. Beckmann und D. Schlingensiepen

Für die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau, gez. D. Niemöller